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Schlaue Intralogistik für Smart Factories: Intelligente Produktionsversorgung für die Industrie 4.0

Wenn es um Intralogistik geht, denkt man in erster Linie ans Warenlager. Doch nicht nur die Lagerhaltung, sondern auch die Fertigung von Waren stellt besondere Anforderungen an die Intralogistik. Denn jeder Herstellungsprozess ist nur so effizient wie die Materialflüsse, die die Produktion versorgen. In den „Smart Factories“ der Industrie 4.0, in denen reale und virtuelle Prozesse nahtlos ineinander übergehen, werden die Anforderungen an die Intralogistik um ein Vielfaches komplexer. Hier geht die KION Group als Pionier voran – mit breit gefächerten Forschungsprojekten, die schon heute die Antworten auf die Fragen von Morgen formulieren.

2022-02-02

Schon immer spiegelte die Art und Weise, wie Dinge hergestellt werden, den technologischen Fortschritt der Menschheit wider. In der Rückwärtsbetrachtung reihen sich die Entwicklungssprünge wie Perlen an einer Kette: In der Industrie 1.0 ermöglichte Dampf- und Wasserkraft zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Massenfertigung mit Maschinen. In der Industrie 2.0 gab die Einführung der Elektrizität zu Beginn des 20. Jahrhunderts neuen Schub für Fließbandfertigung und Automatisierung. In der Industrie 3.0 stand ab den 1970er Jahren die weitere Automatisierung durch Elektronik und Informationstechnologie im Fokus. Zum Ende des 20. Jahrhunderts begann die spannende Epoche, die bis heute anhält und deren Potenzial wir noch immer entfalten: die Industrie 4.0.

Die (Intra)Logistik als Rückgrat der vierten industriellen Revolution

Kernelement der Industrie 4.0 ist die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen in der Industrie mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie. Das Internet stellt hierbei die zentrale Technologie dar: Mit der weltweiten Vernetzung über Unternehmens- oder Ländergrenzen hinweg gewinnt die Digitalisierung der Produktion eine neue Qualität. So läuten das Internet der Dinge, Maschine-zu-Maschine-Kommunikation und Produktionsstätten, die immer intelligenter werden, eine neue Epoche der industriellen Fertigung ein. Wenn alle Prozesse miteinander vernetzt sind, stellt dies auch besondere Herausforderungen an die Intralogistik.

Eine intelligente, flexible Produktionsversorgung ist das Rückgrat einer Smart Factory. Wir sehen die Produktionsversorgung als ein sehr wichtiges und interessantes Geschäftsfeld an, insbesondere die Produktionsversorgung der Zukunft, die Künstliche Intelligenz und Robotik sowie die Steuerung der Prozesse beinhaltet. Unser Anspruch ist es, für diese Anforderungen die passenden Produkte zu entwickeln, die perfekt in die Umgebung einer Smart Factory integriert sind.

Dr. Patrick Erbts, Research Manager Technology & Innovation bei der KION Group

Patrick Erbts beschreibt das ideale Szenario: „Alle intralogistischen Systeme und Prozesse werden in Zukunft mit den Fertigungsprozessen verbunden und in perfekten Einklang gebracht. So werden Materialien, Komponenten und Werkzeuge zur exakt richtigen Zeit bereitgestellt – durch vernetzte autonome Transportfahrzeuge, die mit mobilen Kommissionier- und Handling-Robotern zusammenarbeiten.“ Offene Schnittstellen und Standards sowie eine drahtlose Datenübertragung in Echtzeit sollen die vollständige Konnektivität aller Anlagen, Maschinen und Geräte gewährleisten. Hinzu komme noch eine zentrale, übergeordnete Kontroll- und Steuerungsintelligenz. Diese solle die Logistik- und Materialflussprozesse in der Fabrik optimieren sowie alle Maschinen und Geräte inklusive Routenplanung, Ladestrategien, Aufgabenzuweisung und Flottenmanagement für kollaborative Roboter orchestrieren. Soweit die Theorie. Diese nun in die Praxis umzusetzen, ist die Aufgabe der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der KION Group und ihrer Marken.

Wichtige Forschungsarbeit für die Fabrik der Zukunft

Mit einem umfassenden Portfolio an autonomen Transportfahrzeugen , mobilen Kommissioniergeräten und Robotik , dem vollvernetzten digitalen Truck sowie umfassender Kompetenz im Bereich Software und Simulation haben die KION Group und ihre Marken bereits einige wichtige Meilensteine erreicht. Doch um die oben benannte Zukunftsvision in die alltägliche Praxis umzusetzen und neue Standards für die Industrie 4.0 zu definieren, ist noch viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten. Schließlich ist die Digitalisierung der industriellen Produktion ein komplexer Prozess, der bereits seit vielen Jahren im Gange ist. Die Transformation hin zur digitalisierten Produktion ist mit einer kontinuierlichen Entwicklung verbunden. Es gibt zwar schon viele Erfolge, aber auch noch viele Herausforderung und offenen Fragen. So fehlen noch immer eine Reihe wichtiger Werkzeuge, um neue Industriestandards zu definieren und erfolgreich in die Praxis umsetzen zu können. Hier setzen die folgenden Forschungsinitiativen an, die die KION Group in enger Zusammenarbeit mit renommierten Partnern aus Industrie, Lehre und Forschung vorantreibt.

KI.Fabrik: Die Anforderungen der Roboter-Mensch-Kollaboration besser verstehen

In der Industrie 4.0 spielt Robotik eine maßgebliche Rolle. Bislang arbeiten Roboter in industriellen Umgebungen hinter Schutzzäunen. In der Zukunftsvision der Smart Factory, die ein Forschungsprojekt der Technischen Universität München verfolgt, soll sich dies jedoch ändern. Geplant ist zunächst ein vierjähriges Verbundvorhaben für Forschung und Entwicklung – mit der Option, das Projekt in mehreren Phasen auf bis zu zehn Jahre zu verlängern. Neben dem MIRMI (Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence der TU München) sind das KION Tochterunternehmen Linde Material Handling, aber auch Industriepartner wie BMW und viele weitere Unternehmen als Konsortialpartner eingebunden. Am Ende sollen mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) autonome, multifunktionale Roboter direkt oder auch über weite Entfernungen hinweg mit menschlichen Beschäftigten zusammenarbeiten.

Die KION Tochter Linde Material Handling beteiligt sich an dem Forschungsprojekt, um im Rahmen der futuristischen Produktionsumgebung ihre Intralogistikkompetenz einzubringen. Das Projekt befindet sich gerade in der Anfangsphase, d. h. es werden verschiedene Umgebungen (z. B. im Bereich Montage und Produktion oder in einem Warenlager) und Anwendungsszenarien beschrieben und die technischen Anforderungen erarbeitet.

Für KION ist das Projekt eine große Chance. Zum einen können wir hier die zukünftigen Anforderungen der Industrie aus erster Hand erfahren. Zum anderen können wir aber auch unsere Roboter in der realen Umgebung testen und weiterentwickeln. Ziel ist eine ganzheitliche Optimierung von Hardware und Software unserer Logistiksysteme mit der Fabrikumgebung.

Peter Krumbholz, Projektleiter der KI.FABRIK bei der KION Group

Parallel zum Forschungsvorhaben soll im Deutschen Museum in München der Prototyp einer bayerischen KI-Fabrik entstehen, die stetig mit den Ergebnissen aus dem Projekt ergänzt werden wird und in denen auch die Transportsysteme von Linde Material Handling eine wichtige Rolle für die Produktionsversorgung spielen werden. Daneben sollen weitere KI-Fabriken an mehreren Standorten in Bayern aufgebaut werden und vernetzt ihre Arbeit aufnehmen.

ARIBIC: In Echtzeit 3D-Karten von Produktionsumgebungen erstellen

Im April 2021 haben die KION Group und ihre Kooperationspartner LeddarTech, das Karlsruhe Institute of Technology (KIT) und das STARS Lab an der University of Toronto das Forschungsprojekt „ARIBIC“ gestartet. ARIBIC (Kurzform von „Artificial Intelligence-Based Indoor Cartography“) befasst sich mit der Idee, durch fahrerlose Transportfahrzeuge (FTF) systematisch Daten zu erfassen und zu verarbeiten. FTF werden schon heute breitflächig in Produktionsumgebungen und Lagerhäusern eingesetzt. Ausgestattet mit moderner Sensorik wie Laser-Scannern und Kameras navigieren sie sicher durch Produktionslinien und Lagerhäuser und generieren ununterbrochen Daten über die Umgebung, in der sie sich bewegen. Jedoch werden diese Daten bisher nicht systematisch erfasst.

Hier setzt ARIBIC an: Die von den Sensoren an den Fahrzeugen gesammelten Daten werden genutzt, um hochauflösende 3D-Karten von Lagerhäusern oder Produktionsumgebungen zu erstellen. Ziel ist es, eine digitale Abbildung der Umgebung zu schaffen, die die relevanten Daten sichtbar macht und es ermöglicht, sie in Echtzeit zu teilen. Nutzer erhalten so Live-Informationen über die Position von Objekten über Tracking und Tracing. Diese Daten ermöglichen dann die Routen der Fahrzeuge zu simulieren und damit die Prozesse zu verbessern. Gleichzeitig bieten diese intelligenten digitalen Services den Vorteil, dass Anomalien wie etwa blockierte Fahrwege erkannt und gemeldet werden. Wenn dies konsequent durchgeführt wird, lässt sich schlussendlich die gesamte Struktur eines Lagerhauses oder einer Produktionsumgebung optimieren. Das Projekt soll bis Ende 2023 abgeschlossen sein.

ARIBIC: In Echtzeit 3D-Karten von Produktionsumgebungen erstellen.

IC4F: Technologiebaukasten für sicheren Datenaustausch in der Industrie 4.0

Vernetzung, Datenmodellierung und Datentransfer gehören zu den zentralen Themen der Industrie 4.0. Im Rahmen von IC4F (Industrial Communication for Factories) untersuchte und entwickelte die KION Group bereits seit 2017 sichere, robuste und echtzeitfähige Kommunikationslösungen für die verarbeitende Industrie. Hierbei kamen Schlüsseltechnologien aus den Bereichen 5G, Multi-Access-Edge-Computing (MEC), Cloud Computing, Virtualisierung über etablierte Digital Twin Technologien sowie Industrial Monitoring und Analytics zum Einsatz. Die KION Tochtergesellschaft STILL war an diesem Vorhaben mit vier von zehn Demonstratoren maßgeblich beteiligt. Der Teilnehmerkreis bestand aus 15 Projektpartnern aus Industrie und Forschung, darunter die Robert Bosch GmbH, Siemens, die Deutsche Telekom AG und Nokia.

IC4F ist als Baukasten konzipiert, der für neue Anwendungen und Kommunikationstechnologien modular erweiterbar ist und die Industrie in ihrer Lösungsfindung im Bereich der Kommunikation unterstützen soll. Im Zuge des Projektes wurde auch ein Leitfaden im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums entwickelt, der aufzeigt, wie Kommunikationstechnologien förderlich im Zuge der Industrie 4.0 eingesetzt werden können. Eine insbesondere für die Intralogistik beispielhafte Anwendung wurde im Demonstrator „Truck-to-X Communication“ untersucht, welcher sich mit der innovativen Torsteuerung in einer Fabrikhalle beschäftigt. Der Gabelstapler und das Tor wurden in eine gemeinsame virtuelle Umgebung – einer Cloud – eingebunden. Eine Ultra-Breitband Indoor-Lokalisierung liefert die Positionsdaten des Staplers, die Torsteuerung jedoch erfolgt aus dieser virtuellen Umgebung heraus. Damit sich das Tor öffnet, sobald der Stapler näherkommt, werden von Stapler und Tor digitale Zwillinge erzeugt. Das virtuelle Modell ist kontinuierlich in der Lage, alle Daten zu vergleichen. So öffnet sich das Tor z. B. nur dann, wenn der Stapler auch wirklich mitsamt Mast und Gabel hindurch passt. Ist dies nicht der Fall, wird auf die Fahrsteuerung des Staplers zugegriffen und der Fahrer erhält eine Warnung. Die Ergebnisse wurden 2020 in einer Live-Demonstration vorgeführt, für den am Hamburger STILL Standort extra ein Campus-Netzwerk auf modernster Mobilfunkbasis installiert wurde. „Die Ergebnisse unserer Forschung werden es den Anwendern ermöglichen, geeignete Informations- und Kommunikationstechniken entsprechend der Industrie 4.0-Anforderungen sowie eines spezifischen Migrationsansatzes auszuwählen“, fasst Ansgar Bergmann, Projektleiter für IC4F bei der KION Group, zusammen.

Die Industrie 4.0 birgt noch viele weitere spannende Herausforderungen für die Intralogistik 4.0. Erfahren Sie im zweiten Teil unserer Story mehr zu spannenden KION Forschungsinitiativen, mit denen fahrerlose Transportsysteme lernen, noch autonomer zu agieren.

IC4F: Technologiebaukasten für sicheren Datenaustausch in der Industrie 4.0.