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"Digitalisierung geht durch alle Bereiche"

Stefan Wenzel verantwortet die Abteilung „IOT-Syteme“ der KION Group und ist fest vom Potenzial der Digitalisierung überzeugt. Seine Karriere begann er allerdings als Ingenieur. Gar kein Widerspruch für ihn. Schlussendlich gehe es immer um Technik – und Neugier.

2019-08-14

„Technik hat mich immer fasziniert“, sagt Stefan Wenzel. Als Kind war er von Fahrzeugen wie dem Unimog begeistert, und fing selbst früh an, an Fahrrädern zu schrauben. Dass er schließlich Maschinenbau studierte, lag nahe. Als er sich später bei Linde Material Handling bewarb, war abermals die Faszination für Maschinen und Technik ausschlaggebend: „Mich hat gereizt, an Gabelstaplern Dinge zu testen und auszuprobieren, sie zu verbessern.“

Gleichzeitig war Wenzel auch immer an neuen Ideen interessiert. Bisweilen mit aus heutiger Sicht erstaunlicher Weitsicht: Seine Promotion widmete er endlosfaserverstärkten Kunststoffen, wie zum Beispiel Karbon. Einem Verbundwerkstoff, der die extreme Festigkeit von Metallen erreicht, aber mit der Leichtigkeit von Kunststoffen punktet. „Die Technik steckte damals noch in den Kinderschuhen“, sagt Wenzel. Herausforderung und Chance des Kunststoffs bestehen darin, die Fasern so anzuordnen, dass sie hohen Belastungen standhalten. Wenzel forschte darüber, wie man den Werkstoff technisch nutzen könnte. Heute sind die Kunststoffe unter anderem für den Leichtbau von Elektroautos und andere Zukunftstechnologien relevant. Bei seinen Forschungen kam Wenzel damals eine Technologie zugute, die gleichzeitig durchstartete: Computer.

Rasante Entwicklung

„Die Berechnungen und Simulationen für die Fasern sind sehr aufwändig“, sagt Wenzel heute. Wenige Jahre zuvor hätte die Informationstechnologie das so noch nicht hinbekommen. Der Doktorand Wenzel nutzte die neuen Möglichkeiten. Es war die Zeit, als an den Büroarbeitsplätzen bereits überall Computer standen, aber man für eine schnelle Internetverbindung lieber ins Uni-Rechenzentrum ging, um den quäkenden Töne des Modems zu entkommen. „Es war eine rasante Entwicklung“, sagt Wenzel rückblickend: „Als ich einige Jahre zuvor angefangen hatte, zu studieren, kamen zu sehr teuren Preisen die ersten PCs auf den Markt. Und plötzlich, wenige Jahre später, hatten wir das gesammelte Bibliothekswissen auf Knopfdruck.“

Das prägte Wenzel. Als in der Intralogistik einige Jahre später das Thema Vernetzung und Flottenmanagement erste Gehversuche machte, merkte er direkt auf. „Wir hatten dafür anfangs logischerweise keine eigene Abteilung, es war ein ganz neues Gebiet“, sagt er. So wurde zwar die Bedeutung früh erkannt, in der praktischen Umsetzung aber konkurrierte das Thema mit zahlreichen anderen Verbesserungen rund um das Fahrzeug – und geriet dadurch zeitweise auch unter die Räder. „Wir haben uns dann zusammengesetzt, und eine eigene Einheit aufgebaut“, erzählt Wenzel. Er half maßgeblich, das Thema „Connected Solutions“ zu etablieren – auch wenn er sich bis heute nicht als IT-Mensch sieht. „Die Ingenieursausbildung befähigt einen ja dazu, ein gewisses Verständnis für Technik zu erlangen“, sagt Wenzel. Bewusst war die Einheit für „Connected Solutions“ interdisziplinär aufgebaut: Entwicklung, Marketing oder Vertrieb waren alle vertreten.

„Digitalisierung geht quer durch alle Bereiche“

„Die sogenannte vierte industrielle Revolution, die Vernetzung, ist gar nicht auf die Industrie beschränkt“, sagt er. „Das ist eine gesellschaftliche Revolution, und ich glaube, wir überblicken sie noch gar nicht richtig.“ Überall wird vernetzt, mit Sensoren versehen, und Gegenstände oder Maschinen werden mit der Fähigkeit ausgestattet, immer autonomer zu handeln. „Vielleicht werden Pakete einmal ihren Weg selbständig zum Empfänger suchen“, sagt Wenzel nachdenklich. All das wird natürlich auch Auswirkungen haben auf den Gabelstapler. „Die Maschine war immer die Basis von allem“, sagt Wenzel. In Zukunft, ist er überzeugt, werden Daten und Informationstechnik eine noch größere Rolle spielen.

Wenzel ist heute in der KION Group verantwortlich für eine eigene Abteilung „IOT-Systeme“. Ein klarer Hinweis für ihn, wie ernst das Unternehmen mittlerweile den Bereich Digitalisierung und die Weiterentwicklung der IT-Systeme nimmt. Auch dieses Team ist interdisziplinär organisiert. „Es wird eine große Herausforderung für alle Unternehmen, im digitalen Zeitalter alte Strukturen und Silos aufzubrechen“, sagt er: „Digitalisierung geht quer durch alle Bereiche.“ Damit stellen sich ganz neue Fragen, und bewährte Prozesse müssten zwangsläufig auf den Prüfstand. So sei es völlig logisch gewesen, dass der Kunde sich nach dem Kauf des Staplers selbst darum kümmert, das Fahrzeug aufzutanken und die Reifen zu wechseln. „Aber wenn der Stapler jetzt über Software verfügt, über eine Cloud-Plattform und Daten verarbeitet – wer betreibt und wartet das?“ Solche und andere Fragen müsse man sich künftig stellen: „Und alle können, alle müssen dazu beitragen.“

Wenzel sieht diese Entwicklung aber nicht als problematisch an, sagt er. „Ich bin und war immer ein Entwickler, jemand, der kreativ denken möchte und ständig an Neuem interessiert ist.“ So gesehen ist es nur ein kleiner Sprung vom ersten Heim-PC und den faserverstärkten Kunstoffen zu den Digitalisierungsfragen der Zukunft.