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Dark, Lights-out, Always-On: Das Warenlager als Taktgeber für moderne Supply Chains

Vollautomatische Lagersysteme können ohne Personal und somit „im Dunkeln“ betrieben werden. Aber wie weit ist diese Technologie in der Praxis bereits fortgeschritten? Und wo liegen heute die wirtschaftlichen Grenzen ihres Einsatzes? Eine Bestandsaufnahme mit unseren Dematic-Experten.

2025-09-10

Dennis Lüneburger

In vielen Warenlagern ist längst nicht Schluss, wenn sich am Abend die Tore schließen. Während draußen Ruhe einkehrt, herrscht drinnen Präzisionstakt: Fördertechnik surrt leise, autonome Roboterflotten bewegen sich zielstrebig durch die Gassen, Software orchestriert Prozesse in Echtzeit, und in den Leitständen werden Systemchecks und Wartungsarbeiten durchgeführt.

Was von außen wie Stillstand wirkt, ist in Wirklichkeit ein strategisches Zeitfenster – ob nachts, am Wochenende oder zwischen Schichtwechseln. Für viele Unternehmen ist dieser „Always-On“-Betrieb längst ein entscheidender Wettbewerbsvorteil: Er sichert Leistung, schafft Flexibilität und hält Servicelevel hoch – selbst in Spitzenzeiten.

Was steckt hinter „Dark Warehouse“ und „Lights-out Warehouse“?

Im Alltag werden die Begriffe oft vermischt, doch es lohnt sich, sie klar zu unterscheiden.

  • Ein Dark Warehouse ist ein stark automatisierter, personalarmer Betrieb, bei dem Menschen nur gezielt eingreifen – etwa für Qualitätsprüfungen, Ausnahmen oder Instandhaltung. Das bedeutet: Die Anlage läuft weitgehend selbstständig, aber nicht komplett ohne menschliche Präsenz.
  • Ein Lights-out Warehouse geht einen Schritt weiter. Hier sind Prozesse so autonom, dass kaum oder gar kein Personal vor Ort benötigt wird. In solchen Zonen kann sogar auf Beleuchtung verzichtet werden, weil Roboter, Fördertechnik und Software vollkommen selbstständig arbeiten.
  • Wichtig ist: Ein 24/7-Betrieb beschreibt lediglich die Betriebszeiten, nicht den Automatisierungsgrad. Viele Kunden arbeiten heute bereits in deutlich verlängerten Zeitfenstern – die Frage ist, wie stark diese Stunden automatisiert ablaufen.

Kevin Price, Senior Operations Expert bei Dematic, bringt es auf den Punkt: „Einige unserer Kunden fahren während Spitzenzeiten eine 24-Stunden-Produktion – nicht nur, weil die Technik es kann, sondern weil ihr Business es verlangt.“

Dark Warehouse, Lights-out Warehouse und 24/7-Betrieb - die Begriffe lassen sich klar voneinander abgrenzen.

Kurz erklärt:

Dark Warehouse: Stark automatisierter, personalarmer Betrieb. Menschen greifen nur gezielt ein – etwa für Qualitätsprüfungen, Ausnahmen oder Instandhaltung.

Lights-out Warehouse: Nahezu oder vollständig personalfreier Betrieb. Prozesse laufen so autonom, dass oft nicht einmal Licht benötigt wird.

24/7-Betrieb: Beschreibt lediglich die Betriebszeiten, nicht den Automatisierungsgrad.

Die ideale Lösung hängt vom Anwendungsfall ab

Der Wert eines Dark- oder Lights-out-Konzepts bemisst sich nicht allein daran, was technisch machbar ist, sondern vor allem daran, welchen konkreten Geschäftsvorteil es für Ihre Prozesse und Kundenbeziehungen bringt.

  • Maximale Anlagenverfügbarkeit entsteht dadurch, dass Wartung, Kalibrierung und Software-Updates gezielt in Zeiten ohne Tagesgeschäft durchgeführt werden. So werden tagsüber ungeplante Stillstände vermieden, und jeder Auftrag kann wie geplant abgewickelt werden.
  • Höhere Servicelevel werden möglich, weil automatisierte Prozesse auch zu späten Tages- oder Nachtzeiten Bestellungen annehmen und abarbeiten können. Besonders in E-Commerce und B2B-Supply-Chains ist dies ein entscheidender Faktor, um Same-Day- oder Next-Day-Lieferungen zuverlässig einzuhalten – selbst in Peak-Phasen.
  • Auch die Wirtschaftlichkeit spielt eine große Rolle: Hohe Investitionen in Automatisierung amortisieren sich schneller, wenn die Anlagen nicht nur zu den klassischen Arbeitszeiten, sondern auch außerhalb der Kernzeiten produktiv arbeiten.
  • Nicht zuletzt bietet ein automatisierter Nacht- oder Off-Hours-Betrieb ein hohes Maß an Flexibilität. Produktionsspitzen, saisonale Nachfrageschwankungen oder enge Versand-Cutoffs lassen sich gezielt abfangen – ohne zusätzliche Schichtplanung oder kurzfristigen Personaleinsatz.

Ilario Ascenzo, Portfolio Regional Permanent Operations Manager bei Dematic in Italien und der Schweiz, fasst es so zusammen: „Unsere Aufgabe ist es, dem Kunden morgens ein technisch einwandfreies System zu übergeben. Das bedeutet: keine wertvolle Tageszeit für ungeplante Stillstände verlieren – und das erfordert oft nächtlichen Einsatz.“

Warum muss nicht jede Lösung „Lights-out“ sein?

Vollständige Autonomie ist nicht in jedem Szenario wirtschaftlich oder technisch sinnvoll. In vielen Projekten arbeiten Kunden daher mit Dark-Warehouse-Zonen – also stark automatisierten Bereichen, die mit minimalem Personaleinsatz laufen, während andere Teilprozesse bewusst betreut werden.

Gründe für gezielten Personaleinsatz können sein:

  • Ausnahmenmanagement bei variablen Artikeln
  • Qualitätsprüfungen mit menschlichem Know-how
  • Sicherheits- oder Compliance-Anforderungen
  • Geplante Servicefenster

Je homogener und standardisierter der Materialfluss ist, desto größer das Potenzial für einen nahezu oder vollständig autonomen Lights-out-Betrieb. Besonders in wiederholbaren, stark standardisierten Prozessen – wie automatisierter Einlagerung, Sortierung oder Verpackung – kann diese Betriebsform ihre Vorteile voll ausspielen.

Die Rolle von Software? Das „Gehirn“ hinter der Autonomi

Ob Dark Warehouse, Lights-out oder ein Always-On-Betrieb: Der wahre Taktgeber im Hintergrund ist die Software. Sie ist das „Gehirn“ des Systems – der unsichtbare Dirigent, der alle Materialflüsse, Maschinen, Roboter und Prozesse in Einklang bringt.

Software ist das unsichtbare „Gehirn“ hinter modernen Lagern – sie koordiniert jeden Materialfluss, jede Maschine und jeden Prozess.

Eine leistungsstarke Steuerungssoftware sorgt dafür, dass Aufträge priorisiert, Ressourcen optimal eingesetzt und Prozesse in Echtzeit an Veränderungen angepasst werden. Sie verknüpft neue und bestehende Systeme nahtlos miteinander, egal ob Fördertechnik, Shuttle-Systeme, AMR-Flotten oder Kommissionierstationen.

Der große Vorteil: Noch bevor ein System in den Livebetrieb geht, können alle Abläufe mit Simulationen und Emulationen getestet werden. So lassen sich potenzielle Engpässe identifizieren, Alternativszenarien durchspielen und der Betrieb von Tag eins an auf maximale Effizienz trimmen.

Im laufenden Betrieb übernimmt die Software:

  • Echtzeit-Überwachung aller Komponenten und Aufträge
  • Dynamische Anpassung an Bestellvolumen, Produktmix oder Versand-Deadlines
  • Vorausschauende Steuerung, um Spitzen abzufedern
  • Transparenz für Planung, Reporting und langfristige Optimierung

Das bedeutet für die Supply Chain: höchste Kontrolle, maximale Flexibilität und zuverlässige Performance – auch dann, wenn keine Mitarbeitenden in der Nähe stehen.

AMRs: Flexibilität in Bewegung

Ein gutes Beispiel für Technologie, die in beiden Szenarien funktioniert, sind Autonome Mobile Roboter (AMRs). Sie starten ihren Einsatz oft erst am Nachmittag, wenn das Bestellvolumen gebündelt verarbeitet werden muss, und können hunderte Artikel pro Stunde kommissionieren.

Egal ob Bin-to-Person, Bin-to-Picker oder Hybridlösungen – AMRs steigern die Produktivität, entlasten Personalspitzen und sichern pünktliche Versand-Cutoffs, ohne zusätzliche Schichten aufbauen zu müssen.

Autonome mobile Roboter (AMRs) funktionieren in verschiedenen Lagerszenarien gleichermaßen gut.

Warum ist Service der Schlüssel für einen reibungslosen Ablauf?

Für den reibungslosen Betrieb hochautomatisierter Lager ist vor allem eines entscheidend: eine zuverlässige Performance. Jeder ungeplante Stillstand kann zu Lieferverzögerungen, Strafen oder unzufriedenen Kunden führen. Hier hilft Dematic mit seinen Lifecycle Solutions & Services (LSS), die Automatisierung auf dem vorgesehenen Leistungsniveau zu halten. Dabei geht es nicht nur darum, Defekte zu beheben. Es geht darum, die Performance zu überwachen, die Lebensdauer der Anlagen zu verlängern, mit der technologischen Entwicklung Schritt zu halten und sicherzustellen, dass Hardware, Software und Mitarbeitende als synchronisiertes System zusammenarbeiten.

Die Lifecycle Solutions & Services (LSS) von Dematic tragen dazu bei, dass die Automatisierung stets die vorgesehene Leistung erbringt.

Dazu gehören:

  • Nahtlose Betreuung vor Ort durch Permanent Operations Teams, die die Anlage kennen und den Betrieb ohne Reibungsverluste durchgehend sichern.
  • Predictive Maintenance, bei der Sensoren und Datenanalysen potenzielle Störungen erkennen, bevor sie zu Stillständen führen.
  • Erweiterte Remote-Services wie Augmented Reality-Support für sofortige visuelle Hilfestellung
  • Inspektionen mit Drohnen für schwer zugängliche oder gefährliche Anlagenbereiche, um Inspektionszeiten zu verkürzen und Sicherheitsrisiken zu minimieren.
  • Digitale 24/7-Überwachung, die in Echtzeit auf Abweichungen reagiert und Optimierungspotenzial laufend aufzeigt.

Das Ergebnis:

  • Maximale Betriebszeit durch präventives Eingreifen statt reaktivem Handeln.
  • Gleichbleibend hohe Performance – unabhängig von Uhrzeit, Saison oder Auslastung.
  • Planbare Kosten, weil ungeplante Ausfälle und Notfallreparaturen drastisch reduziert werden.
  • Zukunftsfähigkeit, da Systeme kontinuierlich optimiert, modernisiert und an neue Anforderungen angepasst werden.

Wie Ilario Ascenzo, Portfolio Regional Permanent Operations Manager bei Dematic, es beschreibt: „Unser Ziel ist, dass Kunden morgens in die Anlage kommen – egal, ob Dark Warehouse oder Lights-out-Betrieb – und alles läuft, als hätte es nie Stillstand gegeben. Diese Sicherheit verändert, wie Unternehmen planen, liefern und wachsen können.“

Die Frage ist längst nicht mehr, ob automatisierte Anlagen rund um die Uhr laufen können – das ist technisch Realität. Die entscheidende Frage lautet: Wie gestalten wir diese Betriebsstunden so, dass sie maximalen Nutzen bringen?

  • Dark-Warehouse-Konzepte bieten hohe Automatisierung bei minimalem Personaleinsatz und steigern Effizienz, Auslastung und Flexibilität.
  • Lights-out-Szenarien setzen auf vollständige Autonomie – perfekt für standardisierte, ausnahmearme Prozesse.
  • Always-on-Betrieb kombiniert beide Ansätze für maximale Verfügbarkeit – unabhängig von Tageszeit oder Saison.

In modernen Lagern müssen Technologie, Software und Service zusammenwirken, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen.

Der Erfolg hängt davon ab, wie Technologie, Software und Service zusammenspielen:

  • Die Automatisierung liefert Geschwindigkeit und Präzision.
  • Die Software sorgt für Echtzeitsteuerung, Transparenz und Flexibilität.
  • Das LSS-Modell garantiert, dass alles jederzeit funktioniert – und sich an neue Anforderungen anpasst.

Mit dieser Kombination können Betreiber ihre Lieferketten so steuern, dass sie schneller, flexibler und resilienter werden – nicht nur heute, sondern dauerhaft. Von der Lebensmittel- und Getränkeindustrie über den E-Commerce bis hin zu komplexen Fertigungsumgebungen: Die Prinzipien sind dieselben – konstante Leistung, maximale Uptime, zufriedene Endkunden.

Kevin Price, Senior Operations Expert, bringt es auf den Punkt: „Die Technik kann fast alles leisten. Die Kunst liegt darin, Betrieb, Software und Service so auszurichten, dass jede Stunde, in der die Anlage läuft, dem Kunden nutzen kann – egal ob mitten am Tag, in den Twilight Hours oder tief in der Nacht.“